Ritter
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Die Ritter  von Tastungen

Bei der Erarbeitung unserer Ortschronik,  beim Lesen in alten Akten in den Archiven  und durch Mithilfe interessierter Bürger,  haben wir viel Interessantes aus der  Tastunger Vergangenheit entdeckt.

Nachfolgend ein Auszug aus der Festschrift,  die anlässlich der 700-Jahr-Feier  von Bernterode / Heiligenstadt veröffentlicht  wurde, hier geht es um die Ritter  von Tastungen.

Kommt man von Heiligenstadt nach Bernterode/H.,  so erblickt man das guterhaltene Rittergutshaus  derer €žvon Tastungen.
Die Herren von Bernterode waren also  die Ritter von Tastungen.
Theodor von Steinmetzen veröffentlichte  im Jahre 1701 sein Buch Ankunft  und Fortsetzung der wohlgeborenen Häuser  der Ritterschaft im Lande des Eichsfeldes

Darin nimmt er an, dass die Tastunger  als Ritter aus dem fernen Ungarn zu  uns ins Eichsfeld gekommen seien und zwischen Escherode und  Flinsberg auf dem schwarzen Stein eine  Burg aufgebauet und hausgehalten....
Das bezweifelte aber schon der Geschichtsschreiber  des Eichsfeldes Johann Wolf (1784-1825),  denn der Schwarzenstein war bis 1297  im Besitz des Dietrich von Trutzberg,  der diese Burg an das Kloster Anrode  verkaufte.

Richtig ist sicherlich,  dass die Tastunger sich wie  im deutschen Adelslexikon angegeben, nach dem im Untereichsfeld gelegenen  Dorf Tastungen (bei Teistungen) benennen.
Wir finden die Tastunger als Burgvogte  auf dem Gleichenstein, ehe sie nach  Bernterode zogen.
Von Steinmetzen schreibt: Nachgehens haben die Herren  von Tastungen ihre adligen Sitze von  der Höfe verrückt und ihre  Wohnungen im Tal zu Bernterode und Eschrode  im Lande des Eichsfeldes, wie auch zu  Großen-Wechsungen in der Grafschaft  Hohenstein gebaut und angerichtet. Sie  haben bei so gestellten Sachen ihre  Güter, so teils bei ihnen auch noch  vorhanden sind, teils aber in andere  Hände kommen, anfangs nicht zu  Lehn, sondern als ihr Erb- und Eigentum  gehabät.
In Bernterode erscheint dieses Geschlecht  derer von Tastungen urkundlich zum ersten  Mal als Besitzer im Jahre 1309.

Die Herren von Tastungen waren nicht  in der Lage, ihr Geschlechtsregister  mit Genauigkeit über das Jahr 1300  zurückzuverfolgen, weil ihnen im  Jahre 1627 (Zeit des 30-jährigen  Krieges) auf der Flucht bei einem Brand  in Allendorf angeblich ihre alten Urkunden  vernichtet worden seien. Doch sind uns  viele Urkunden erhalten, in denen die  Ritter von Tastungen als Besitzer von  Gütern, Tauschpartner, Zeugen (Testes)  genannt werden. Es würde zu weit  führen, sie hier alle aufzuzählen.  Doch sollen einige Dokumente erwähnt  werden, um in etwa die Besitzverhältnisse  und Lebensumstände dieses Rittergeschlechtes  kennen zulernen.
Am Freitag nach Misericordia Dominin  1279 schenkt Theoderich von Tastungen  mit seiner Frau 2 Hufen zu Beberstedt  an das Kloster Reifenstein, damit sie  in die geistliche Brüderschaft  des Klosters aufgenommen werden und  die Begräbnisstätte in demselben  erhalten.
Die Ritter von Tastungen sind Vasallen  (Lehnsleute) der Kurfürsten von  Mainz. Sie besaßen zu dieser Zeit  Güter in Beberstedt, Küllstedt,  Bickenriede, Besselsrode, Volkramshausen  (bei Dingelstädt), Flinsberg, Wachstedt.

Die Tastunger werden als Burgmänner  auf Gleichenstein genannt, so 1341 Steben  Große (der Große) von Tastungen.
1358 verleiht Erzbischof Gerlach II.  von Mainz an Dietrich und Walter von  Tastungen das Burglehen in Gleichenstein.
Im Jahr 1346 war in Thüringen und  auch im Eichsfeld ein gewaltiges Erdbeben  zu verzeichnen. Da traten verheerende  Seuchen (Pest und Ruhr) auf, Hungersnot  herrschte, manche Dörfer waren  entvölkert.
Am 13.07.1358, versetzt Erzbischof Gerlach  II. dem Stebin von Tastungen und seinem  Bruder Dietrich sowie dem Tilo von Bodungen  und ihren Erben ein Viertel seines Schlosses  Gleichenstein mit den Zugehörigen  für 330 Mark Silber, Heiligensädter  Gewicht.
Die Besitzer des Dorfes und Gutes Bernterode  haben die niedere und höhere Gerichtsbarkeit,  also auch den Blutbann.
So führte z.B. am 18.07.1363 der  Landgraf von Hessen Klage über  Stebin von Tastungen und seine Brüder.
Da die Zeiten sehr unruhig waren und  sich der einzelne Gutsherr nicht selbst  schützen konnte, stellte sich im  Jahre 1401 auch Heinrich von Tastungen  mit seinen Gütern unter den Schutz  des Mainzer Kurfürsten und empfing  diese Güter nun als Lehen durch  den damaligen Erzbischof Konrad.
Von dieser Zeit an blieben die Bernteröder  Ritter von Tastungen bis zu ihrem Aussterben  im Jahre 1750 Mainzer Lehensleute (Vasallen).

1478 wurde Christoph von Tastungen,  den man später den €žBlutigel“  nannte, geboren. Er spielte zur Zeit  des Bauernkrieges eine unrühmliche  Rolle.
Bis zum Jahre 1452 waren die Tastunger  auch im Besitz des Kirchenlehens in  Martinfeld. Kerstoffel von Tastungen  gab es zurück, zu Gunsten seines  Schwagers Tilo von Gerbershausen.
Zur Zeit des Bauernkrieges wurde Christoph  von Tastungen als €žVerwalter des  Eichsfeldes eingesetzt. Wie viele  Adlige seiner Zeit bedrückte er  die Bauern sehr.
Die Lage der Bauern wird immer schlechter.  Schließlich kommt es auch bei  uns zum offenen Aufstand. Im April 1525  ziehen Bauern aus Kalteneber und Bernterode  auf den Gutshof des €žBlutigels“  in Bernterode, um die Aufhebung der  unerträglichen Lasten und Frondienste  zu fordern. Nun noch einmal zurück  zu Christoph von Tastungen. Von Ihm,  dem Verwalter des Eichsfeldes, wird  bei Duval berichtet, dass er im Jahre  1555 vom Kurfrsten von Mainz zum  Verwalter des Klosters Gerode            (Kr.Worbis)  eingesetzt wurde.
Zwei Jahre wohnte Christoph hier und  hauste sogar eine Zeitlang ganz allein  auf dem Turm der Klosterkirche, da er  sich vor der Pest, welche in der Umgegend  wütete, entsetzlich fürchtete.  Er ließ sich die notwendigen Lebensmittel  in einen Korb legen, den er dann an  einem Seil hinaufzog. Alle Benediktiner-Mönche  hatten vorher das Kloster verlassen.
Christoph von Tastungen wurde 88 Jahre  alt und empfing dreimal sein Lehen (immer,  wenn der Lehnsherr [Kurfürst] wechselte).  Sein ältester Sohn Franz übernahm  das Erbe in Bernterode. Sein jüngerer  Sohn Valentin trat in Kriegsdienste,  wurde Spanischer Obristen-Leutnant,  heiratete Rosalia von Hanstein und nahm  schließlich in Escherode Wohnung.  Hier erbaute er sich, wie eine noch  vorhandene Wappenplatte kündet,  im Jahre 1590 ein stattliches Haus.

Die Lage der Bauern im Eichsfeld nach  dem Bauernkrieg können wir aus  der Einführung von Lehenstagen  am Sitz der Lehnsherren ahnen, wie sie  z.B. im Jahre 1550 die Ritter von Hanstein,  mit denen die Ritter von Tastungen mehrfach  verschwägert sind, fordern.
Die heute noch erhaltene Bernteröder  alte Kirche €žSt. Cyriakusse  am Hang des Kirchberges stammt aus dem  späten Mittelalter. Die Ritter  von Tastungen besaßen darin das  Patronatsrecht bis zum Jahre 1610. (Patronat:  Recht auf Mitbestimmung bei der Verwaltung  der Kirche; Ehrenrechte, z.B. besondere  Kirchenstühle für die Familie  des Patrons, Familiengruft in der Kirche  usw.)
In der Zeit der Reformation nahmen die  meisten Adligen und auch die Bürger  in den Städten und die Landbevölkerung  im Eichsfeld die Lehre Luthers an.

Die Ritter von Tastungen wurden evangelisch;  in Bernterode sind von 1570 bis 1600  evangelische Pfarrer genannt.
Zur Zeit der Gegenreformation schickte  der Mainzer Landesherr Jesuiten ins  Eichsfeld, jedoch der Adel blieb lutherisch.
Es ist urkundlich bestätigt, dass  die Tastunger, aufgrund ihres Patronatsrechtes,  in der Gruft der alten Bergkirche St. Cyriacuss zur letzten Ruhe gebettet  wurden.
Die Ritter von Tastungen besaßen  auch zusammen mit dem Amt Rusteberg  je zur Hälfte die Gerichtsbarkeit  und das Gefälle über die Gemeinde  Dieterode.
Valentin und Franz von Tastungen vergrößerten  ihren Besitz im Jahre 1571 durch Ankauf  eines Wallhofes in Küllstedt. Seither  erhielten die von Tastungen stets einen  gesonderten Lehnsbrief über den  Wallhof in Küllstedt. Heute steht  die Kirche mit den nächsten Häusern  um die Kirche herum darauf, wie es die  Spuren des ehemaligen Grabens ausweisen.

Als im Jahre 1583 die beiden Brüder  Valentin und Franz starben, hinterließen  sie nur minderjährige Söhne,  welche noch nicht lehensfähig waren.  Es wurden deshalb 2 adlige Vormünder  bestellt.
Leonhard, der älteste Sohn von  Valentin von Tastungen in Ascherode,  wurde nach seinem Jurastudium auf verschiedenen  Universitäten, später Assessor  und Rat des Oberlandesgerichtes des  Eichsfeldes. Er starb aber schon bald  danach und hinterließ eine hohe  Schuldenlast, so dass sich seine Brüder  im Jahre 1608 an den Kurfürsten  wandten mit der Bitte, auf ihre Lehnsgüter  2000 Taler Darlehen aufnehmen zu dürfen.  Begründung der Schuldenlast: weil  er von Jugend auf verschiedene Universitäten  mit großen Unkosten erhalten,  sodann auch im Hofdienste oftmals in  Italien weilen mußte.

Der jüngste Sohn aus Ascherode,  Valentin, trat in Kriegsdienste und  wurde Kurmainzischer Hauptmann in Duderstadt.  Sein Bruder Martin erwarb ein Lehnsgut  in Großwechsungen (bei Nordhausen)  und wurde damit am 13. März 1618  von Herzog Friedrich Ulrich von Braunschweig  belehnt. Außerdem besaßen  sie ein Gut in Niedergebra.
Der 30-jährige Krieg brachte auch  dem Eichsfeld großes Leid. Bis  zum Jahre 1622 schien das Eichsfeld  weit von den Kriegsschauplätzen  entfernt zu liegen.
Doch von Valentin von Tastungen, der  damals Besitzer des Dorfes Martinfeld  war, wissen wir, dass er zusammen mit  den Einwohnern im Jahre 1637 den Kurfürsten  Anselm Kasimir von Mainz gebeten hat,  Bauholz zum Wiederaufbau ihrer Häuser  zur Verfügung zu stellen. Von den  ehemals 30-40 000 Einwohnern des Eichsfeldes  waren nur etwa 12 000 übrig geblieben.

Besitz des Hauses Bernterode 1649
Aus dem Jahre 1649 ist uns eine €žSpezifikation des Eitel Dietrich von Tastungen überliefert, die auf Anforderung  der Mainzer Regierung neu erstellt werden  musste, da die Lehensbriefe während  der Wirren des Dreißigjährigen  Krieges auf der Flucht in Allendorf  verbrannt sind.
Am 5. Dezember 1713 wurde Freiherr Ignazius  von Tastungen mit dem Bernteröder  Besitzungen belehnt. Der Freiherr starb  bereits 1718 im 59. Lebensjahr.
Sein Lehensnachfolger wurde Siegfried  von Tastungen, der Erbauer des jetzt  noch stehenden stattlichen Herrenhauses.
 

 

Am Giebel des Portals befindet sich  ein Doppelwappen mit Inschriften:
 

Friedrich  Siegfried
v. Tastungen

Christiane  Charlotte
v. Hanstein

Siegfried von Tastungen konnte sich  seines Besitzes nicht lange erfreuen, denn er starb bereits am 22.03.1724.  Vom damaligen Pfarrer wurde vermerkt,  dass Friedrich Siegfried von Tastungen  am 26.03.1724 sein Erbbegräbnis in der Kirche St. Cyriaci in Bernterode  erhalten hat. Lehensnachfolger wird  sein jüngster Bruder Johann Wilhelm  von Tastungen, der inzwischen Stammesältester  war. Dieser ließ in Bernterode  weitere Baulichkeiten errichten. So ließ er z.B. einen steinernen  Torbogen aufführen, mit einem Abschlussstein  mit der Inschrift J.W.v.T. 1717 (Johann  Wilhelm von Tastungen).
Der Generalfeldmarschall-Leutnant Johann  Wilhelm von Tastungen war wohl die bedeutendste  Persönlichkeit seines Geschlechtes.  Er starb am 11. Juni 1742 in Bernterode  und wurde am 17. Juni 1742 daselbst  beigesetzt.

Friedrich Sigmund von Tastungen, der  jüngere Bruder des im Jahre 1748  verstorbenen Carl Gottfried Casimir  von Tastungen, wurde Nachfolger im Besitz  sämtlicher Güter. Dieser vermählte  sich im Jahr 1750 mit Johanna Friederica  von Keudel. Er erlag bereits im nächsten  Jahr einer tückischen Krankheit.  Mit ihm ist der Letzte seines Geschlechtes  gestorben.

Als die junge Witwe, Johanna Friederica  von Tastungen im Jahr 1751 die Totgeburt  einer Tochter hatte, musste sie die  Güter verlassen, und die Tastungischen  Lehensgüter fielen endgültig  an den Mainzer Kurfürsten zurück.  Der Privatbesitz der Tastunger wurde  auf 2059 Reichstaler taxiert, und vom  Grafen von Ostein ausbezahlt.

 

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